Entdeckungsreise

Ich habe beschlossen, in Zukunft weniger zu reisen, mir dafür aber für die einzelne Reise mehr Zeit zu lassen.

02.02.2021

Christoph Brech im Interview

Wir spielen „Ich sehe was was, was du nicht siehst…“  – Was siehst du auf Reisen?

Passage ist ein gutes Beispiel, auf die Frage zu antworten. Ich bin im April 2003 mit einem Containerschiff von Genua nach Montreal gereist. Die Nordatlantik-Passage kann zu dieser Jahreszeit noch sehr stürmisch sein. Auch wir durchquerten ein Sturmtief mit sehr hohen Wellen, die das Schiff hin und her schaukelten. Morgens beim Duschen machte ich folgende Beobachtung: Das Wasser in der Duschwanne sammelte sich zuerst auf der einen, dann auf der anderen Seite, um nach kurzer Zeit wieder zur ersten Seite zurück zu laufen. Es bewegte sich synchron zu den Wellenbewegungen des Ozeans. Diese Beobachtung wollte ich sichtbar machen in einem mit Wasser gefüllten Glas. So entstand Passage.

© VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Wie nimmst du anders wahr? Ist dein Zugang zur Reise meditativ?

Als meditativ würde ich ihn nicht bezeichnen. Allerdings wähle ich das Verkehrsmittel für eine Reise jedes Mal bewusst aus. Wenn ich zum Beispiel 13 Tage als einziger Passagier auf einem Containerschiff unterwegs bin, nehme ich natürlich anders wahr als auf einem Flug, der mich in acht Stunden zum gleichen Ziel bringt. 

Was bedeutet Zeit für dich? Sollten wir bewusster reisen?

Zeit bedeutet für mich, wie wahrscheinlich für die meisten Menschen, ein kostbares Gut, was mir nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Ich kann die Frage, ob wir bewusster reisen sollten nicht pauschal beantworten. Ich habe beschlossen, in Zukunft weniger zu reisen, mir dafür aber für die einzelne Reise mehr Zeit zu lassen.

Wer reist mehr – Du oder deine Kunst?

Im Moment, Corona-bedingt, sicherlich meine Kunst.

Biografie

  • * 1964 in Schweinfurt
  • studierte von 1989–1995 an der Akademie der Bildenden Künste München
  • Aufenthalt 2006 in Rom als Stipendiat
  • lebt in München